EUGEN DREWERMANN: "Unser menschliches Bewusstsein verlangt nach Unendlichkeit."
[Paderborn] In der 10. Online-Vorlesung zum Galater-Brief des PAULUS vom 28. Juni 2025 arbeitet der Theologe EUGEN DREWERMANN mit Bezugnahme zu Biologie, Paläontologie, Psychologie, Literatur, Philosophie und Theologie heraus, dass menschlich zu sein bedeute, Unsterblichkeit zu ersehnen, zu glauben, zu vertrauen, dass es sie gäbe.
Es sei der Beginn aller Formen von Religion auf Erden. Die Paläontologen meinen spätestens seit dem Menschen füreinander Gräber einrichten in Trauer umeinander, mindestens seit 80.000 Jahren, zeige sich diese Sehnsucht des Menschen. "Wir werden nicht geboren, um in die Natur zurückgenommen zu werden. Wir leben über die Natur hinaus kraft eines Versprechens, das die Natur nicht mehr einlösen kann. Und jetzt sind wir in einer paradoxen Lage: Wir als Menschen richten an die Natur, aus der wir hervorgegangen sind, Fragestellungen, die die Natur selber in Frage stellen, weil sie auf dieselben Fragestellungen keine Antwort weiß, überhaupt nicht geben kann; ihrer ganzen Logik nach die Fragestellung nicht versteht. Und wir sind dabei zu leiden an der Tatsache, dass wir der Natur egal sein sollen", erläutert der Theologe das Paradox des menschlichen Daseins.
Unser menschliches Bewusstsein erkennt, wie bereits in den vorherigen Vorlesungen thematisiert wurde, dass wir der Natur egal sind. Wir unterliegen der Kontingenz, dem Zufall. Es kommt der Natur auf uns als Individuen und als Menschheit als ganzes überhaupt nicht an. Von Anfang an ist unser Dasein zur Endlichkeit und zum Tode verurteilt.
Aus diesem tragischen Widerspruch kann der Mensch nur erlöst werden, indem wir der menschlichen Sehnsucht folgend annehmen, dass es unendlich viel mehr gebe als die Materie und die Endlichkeit. Im Hintergrund von allem setzen wir Gott als einen positiven Willen, der bedingungslos möchte, dass wir sind. "Grundlos in der Natur, begründet aber in der Daseinsgüte Gottes selber." "Das ist ein Hauptmotiv: Gott nicht identisch sein zu lassen mit dem Schöpfer dieser Welt; zu erklären, dass die Welt niemals Gott ist und uns selber als unabhängig über alle Welt hinaus in unserer Menschlichkeit anders zu begründen" als es der Materialismus, Sensualismus und Sozialdarwinismus vorsieht, führt Drewermann seine Gedanken weiter aus. Nur so ließe sich ein unendliches Erbarmen und eine unendliche Barmherzigkeit begründen, die wie aus einer "göttlichen Sphäre" durch JESUS und PAULUS in diese Welt trat.
Ohne die oben skizzierte religiöse Perspektive kommt es nach Drewermann zur "Vergöttlichung der Macht" durch die Poltik, die zwar vorgibt eine Moral zu haben, diese aber aufhebt, weil sie sich selber immer für richtig und den anderen für falsch hält und sich mit den immer tödlicheren Waffen als der andere das Recht herausnimmt, den anderen zu vernichten. Das sei das Abbild der Natur nur noch in noch schlimmerer Weise als bei den Tieren: "Die Macht muss sich durchsetzen! Das ist Strategie! Das ist Darwin! Der Mächtigere setzt sich durch!" So sei die Welt, wenn wir keinen Gott mehr benötigen, hebt Drewermann mit scharfer Kritik gegenüber den gegenwärtgen Verhältnissen hervor.
Viel ausführlicher und weiteren Aspektsetzungen können Sie die 10. Vorlesung hier nachhören und anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=ruPLYRA3Jts